Blutkreislauf

Digitale Comics
Im Herzen der Sache
In seiner Komödie « Der Supertroupers angestrengt proben, behandelt Molière die historische medizinische Kontroverse der Alten gegen die Modernen, „Bewässerer“ vs. „ Umläufer“, die sich um die Arbeiten von William Harvey rankt.
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Überblick über die Materialien
Episode 1, Im Herzen der Sache, basiert auf einem Stück Wissenschaftsgeschichte, nämlich dem Siegeszug der Idee eines Blutkreislaufs. Dies Idee musste sich im 17. Jahrhundert erst einmal gegen alternative Vorstellungen zur Blutbewegung im Körper durchsetzen. Noch heute stellen sich viele Kinder und Jugendliche den Blutfluss im Körper nämlich so vor, wie es seit der Antike eine gängige Lehrmeinung war: Als eine Art „Regenschauer“, der den Körper einseitig vom Herzen aus mit Blut „bewässert“, ohne dass dieses Blut jemals zum Herzen zurückkehrt. Das Material zu dieser Episode zielt deshalb auf die wichtigsten Lernhürden ab, mit denen die Schüler beim Erlernen des Kreislaufkonzeptes konfrontiert sind, sowie auf Ausschnitte aus der Wissenschaftsgeschichte, die zur Überwindung dieser Lernhürden beitragen können.
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Die Vorstellungen der Schüler
Die Begriffe „Schülervorstellungen“ oder “Alltagsvorstellungen“ bezeichnen das individuelle Vorwissen und die Ideen der Lernenden zu einem biologischen Thema, über die sie bereits vor dem Biologieunterricht verfügen (und danach oft immer noch). Diese Vorstellungen entstehen bereits früh im Alltag, weil sich jeder Mensch auf der Grundlage seiner persönlichen Erfahrungen, seiner Kultur und seiner Schulbildung ein Bild von der ihn umgebenden Welt macht. Alltagsvorstellungen kommen also nicht aus dem Nichts, sondern sind die Antwort auf ein Problem, auf eine Frage, die gestellt wurde. Warum ist es wichtig, solche Vorstellungen im Unterricht zu thematisieren? Sie stehen oft im Widerspruch zur heute gültigen wissenschaftlichen Erklärung, die der Unterricht vermitteln möchte, und sie offenbaren Lernhürden, die das Verstehen des Schülers behindern können, wenn sie nicht explizit im Unterricht berücksichtigt werden. Beim Thema Blutkreislauf besteht eine relevante Lernhürde in der Alltagsvorstellung vieler Schüler, es gebe eine Art unidirektionaler „Bewässerung“ des Körpers durch das Blut. Das Blut kehrt also nach der Vorstellung dieser Lerner nicht zum Herzen zurück, sondern wird in den Organen verbraucht oder „versickert“ im Körper. Diese Lernhürde ist nicht immer leicht zu erkennen, da die Schüler den Begriff "Kreislauf" oft dennoch verwenden, allerdings ohne damit einen geschlossenen Kreislauf zu meinen. Die Wissenschaftsgeschichte, in diesem Fall die Erforschung des Blutkreislaufs und die damit verbundene Kontroverse, lässt sich sicher nicht 1:1 auf die Situation im heutigen Unterricht übertragen. Aber die Arbeit an den verschiedenen historischen Modellen kann es den Schülern durchaus ermöglichen, ihre eigenen Vorstellungen vom Blutfluss im Körper zu reflektieren und dabei ein besseres Verständnis zu entwickeln.
Prototypical examples of students' initial conceptions
Die hier abgebildeten Beispiele für Schülerarbeiten lassen sich jeweils klar einer bestimmten Auffassung vom Blutfluss im Organismus zuordnen. Viele andere Schülerarbeiten sind jedoch weniger eindeutig interpretierbar. Nur wenn die Richtung des Blutflusses durch Pfeile dargestellt wird, ist Vorstellung eines Schülers mit einiger Sicherheit einzuordnen. Andere Merkmale, vor allem wenn sie zahlreich und übereinstimmend sind, erlauben immerhin noch eine wahrscheinliche Einstufung. Nachfolgend finden Sie eine Liste von Indikatoren in Text und Zeichnung, die dabei helfen, die Vorstellungen des jeweiligen Schülers vom Blutfluss zuzuordnen.
Indikatoren für das Bewässerungskonzept
- Unidirektionaler Blutfluss vom Herzen in die Peripherie
- …alternativ auch bidirektionaler Blutfluss im selben Gefäß („Hin-und zurück-Konzept“)
- Die Gefäße enden in der Peripherie offen
- Es gibt nur einen Gefäßtyp, der zu den Organen führt
- Das Blut hat in der ganzen Zeichnung dieselbe Farbe
Indikatoren für das Kreislaufkonzept
- Unidirektionaler Blutfluss mit Rückfluss zum Herzen
- Es sind zwei verschiedene Gefäßtypen für Zufluss und Abfluss des Blutes erkennbar
- Diese beiden Gefäßtypen sind in der Peripherie miteinander verbunden (direkt, über andere Gefäße oder über Organe)
- Es werden verschiedene Arten von Blut dargestellt (sauerstoffreich, CO2-reich, glukosereich etc.)
Es gibt auch „Hin-und-Zurück“- oder „Ebbe- und Flut“-Konzepte, bei denen die Schüler den Blutfluss vom Herzen zu den Organen und zurück durch dasselbe Gefäß darstellen.
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Didaktischer Ansatz
Ziel dieser Episode ist es, die Schüler zum Nachdenken über das Konzept des Blutkreislaufs anzuregen. Obwohl die Schüler mit dem Wort "Blutkreislauf" vertraut sind, verstehen sie nicht immer dessen fachliche Bedeutung. Die meisten Schüler denken bei dem Wort „Blutkreislauf“ zwar an ein Herz, das Blut pumpt, aber nicht an eine permanente zirkuläre Bewegung des Blutes zwischen dem Herzen und den Organen. Einige Schüler können sich nicht einmal vorstellen, dass das Blut zum Herzen zurückkehrt. Der vorliegende Comicband basiert auf der Kontroverse, die sich nach der Entdeckung des Blutkreislaufs durch William Harvey im 17. Jahrhundert entfachte. Sie stellt die Anhänger Harveys, den „Umläufern“ (circulators), seinen Gegnern, den „Bewässerern“ (irrigators), gegenüber, die das damals anerkannte Modell von Galen verteidigen. Für die „Umläufer“ verlässt das Blut das Herz über die Arterien und gelangt über die Venen zu den Organen zurück. Für die „Bewässerer“ fließt das Blut durch die Venen und Arterien zu den Organen, wo es verbraucht wird. Ein Rückfluss findet nicht statt. Diese für die damalige Zeit wichtige Kontroverse verbreitete sich in der Gesellschaft wie in Molières Der eingebildete Kranke. Dieses Theaterstück der großen Redner führt Sie in die Geschichte der Entdeckung des Blutkreislaufs ein.
„Im Herzen der Sache“ erinnert an die großen Namen der Wissenschaftler, die mit dieser Entdeckung verbunden sind. Es werden zwei Hauptziele verfolgt:
Den Blutfluss im Körper problematisieren
Der Comic beschreibt nicht explizit die beiden Modelle, um die es geht. Er soll die Schüler dazu anregen, sich zu fragen: Was ist Bewässerung? Was bedeutet "kreisförmig"? Ziel ist es, die Schüler dazu zu bringen, über die möglichen Modelle des Blutflusses im Körper nachzudenken. Eine Diskussion über die beiden in der Karikatur erwähnten Modelle ermöglicht es den Schülern einerseits, über ihr eigenes Erklärungsmodell nachzudenken, und andererseits, über die Grenzen jedes Modells zu reflektieren. In Kombination mit anderen Ressourcen (siehe Abschnitt über ergänzende Ressourcen) kann der Comic die Notwendigkeit eines Kreislaufmodells verdeutlichen.
Nachvollziehen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen
"Im Mittelpunkt" zeigt die vielen Wissenschaftler, die an der Entdeckung des Blutkreislaufs beteiligt waren. Tatsächlich haben die Arbeiten seiner Vorgänger die Arbeit von William Harvey stark beeinflusst. Neben diesen ersten Entdeckungen werden nicht nur einige Experimente, sondern auch einige Berechnungen erwähnt. Die Entwicklung des biologischen Wissens beschränkt sich also nicht auf den experimentellen Nachweis. Schließlich zeigt die Kontroverse zwischen Zirkulator und Irrigator, wie wichtig die wissenschaftliche Gemeinschaft bei der Validierung einer neuen Entdeckung ist. All diese Elemente ermöglichen es, sich dem Aufbau wissenschaftlicher Erkenntnisse mit Schülern zu nähern.
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Historische und erkenntnistheoretische Perspektiven
Der Blutkreislauf ist kein Konzept, das über Nacht entwickelt wurde. Obwohl die Bewegungen des Herzens und des Blutes schon seit der Antike von Interesse waren, entdeckte der englische Arzt William Harvey den Blutkreislauf erst im 17. Jahrhundert. Seit dem 2. Jahrhundert wurde der Blutfluss nach einem Bewässerungsmodell verstanden: Das Blut wird vom Herzen durch die Venen und Arterien zu den Organen verteilt, wo es dann verbraucht wird.
Zwar gab es schon in der frühen Neuzeit wichtige Entdeckungen, wie z.B. dass das Blut auf seinem Weg vom einer Herzkammer zur anderen durch die Lunge fließt (im 13. Jahrhundert im Nahen Osten durch Ibn al-Nafis und im 16. Jahrhundert im Westen durch Servetus und Colombo). Dennoch wurde das Bewässerungskonzept durch die Arbeiten von Harvey zunächst nicht in Frage gestellt. Obwohl das Kreislaufmodell auf zahlreichen Beobachtungen, Experimenten und Berechnungen beruhte, war es zu jener Zeit sehr umstritten, da es einige Lücken aufwies, insbesondere was den Blutfluss zwischen Arterien und Venen betraf. Im Jahr 1661 beschrieb Marcello Malpighi mit Hilfe eines Mikroskops die Blutkapillaren, die die Venen und Arterien auf der Ebene der Lunge verbinden. Diese Entdeckung, die den Blutkreislauf schließt, bestätigte das Kreislaufmodell und beendete die Kontroverse.
Im Folgenden werden die Arbeiten der im Comic erwähnten großen Gelehrten und Wissenschaftler über die Bewegungen des Blutes vorgestellt.
Galen (129-210): Griechischer Arzt
Galen wies das Vorhandensein von Blut in den Arterien nach und beschrieb genau die Struktur des Herzens (Vorhöfe, Kammern, Klappen) und seine Bewegungen. Er postulierte ein zweifaches System der Blutverteilung zu den Organen: Von der Leber kommend in Venen, vom Herzen kommend in Arterien. Venöses Blut ist dunkel und enthält Nährstoffe, während hellrotes, venöses Blut reich an Lebenskraft ist. Die Leber gilt Galen als das blutbildende Organ: Sie stellt das Blut her. Das Blut, das die Leber verlässt, wird zum Teil über die Venen zu den Organen und zum Teil in die rechte Herzkammer geleitet. Ein Teil des venösen Blutes gelangt dann in die linke Herzkammer und vermischt sich mit der eingeatmeten Luft: Es wird in Lebenskraft umgewandelt und zusammen mit dem arteriellen Blut an die Organe verteilt. Der Stoffaustausch zwischen den beiden Ventrikeln erfolgt nach Galens Auffassung durch unsichtbare Poren in der Herzscheidewand. Diese Idee sollte über viele Jahrhunderte Bestand haben.
Ibn-al-Nafis (1208-1288): Syrischer Arzt, der in Kairo praktizierte.
In seinem Kommentar zu Avicennas Anatomie des Kanons beschrieb er das, was heute als Lungenkreislauf bekannt ist. Das Blut wird von der rechten Herzkammer über die Lungenarterie in die Lunge geleitet, bevor es über die Lungenvene in die linke Herzkammer zurückkehrt. Trotz der Bedeutung dieser Entdeckung wurde das Bewässerungskonzept nicht in Frage gestellt: Arterielles Blut fließt vom Herzen und venöses von der Leber zu den Organen. Ibn-al-Nafis' Schriften fanden im Westen keine Verbreitung.
Servetus Servetus (1509-1553): spanischer Arzt, Anatom und Theologe
Er schrieb mehrere polemische theologische Bücher. In Christianismi restitutio [Wiederherstellung des Christentums] beschreibt er 1553 den Lungenkreislauf. Auf der Grundlage von Sektionen erklärt Servetus den großen Durchmesser der Lungenarterie mit der großen Menge an Blut, die sie in die Lunge leitet. Das Blut vermische sich dabei mit der Luft und kehre über die Lungenvene in die linke Herzkammer zurück. Servetus starb 1553 unter dem Vorwurf der Ketzerei auf dem Scheiterhaufen, und die meisten seiner Werke wurden vernichtet. Wie bei Ibn-al-Nafis wurde der Durchfluss des Blutes durch die Herzscheidewand in Frage gestellt, nicht aber das Bewässerungskonzept.
André Vesalius (1514-1564): Flämischer Anatom und Arzt.
Als überzeugter Anhänger von Galens Lehre zog er dennoch aufgrund seiner zahlreichen Sektionen den Blutfluss durch die Herzscheidewand in Zweifel: In der zweiten Auflage seines Buches De humani corporis fabrica wies er darauf hin, dass die Scheidewand zwischen den beiden Ventrikeln undurchlässig sei.
Realdo Colombo (1516-1559): italienischer Arzt und Professor der Anatomie.
Im Jahr 1558 veröffentlichte er das Werk De re anatomica, in dem er anhand von Sektionen beschrieb, dass das Blut zwischen den beiden Ventrikeln die Lunge passiert. Er war es, der diese Entdeckung, die auch von Ibn-al-Nafis und Servetus gemacht worden war, verbreitete. Aber auch er zweifelte nicht am Bewässerungskonzept. Das Blut werde immer von den Organen verbraucht.
William Harvey (1578-1657): Englischer Arzt
Seine Entdeckung des Blutkreislaufs stellte das seit 1400 Jahren akzeptierte Bewässerungskonzept des Blutflusses in Frage. Harvey war der erste, der nachwies, dass das Blut vom Herzen durch die Arterien fließt und durch die Venen zum Herzen zurückkehrt. Er bewies seine Theorie durch strenge Argumentation auf der Grundlage von Sektionen, Beobachtungen und Berechnungen. Seine Hauptargumente beruhen auf den folgenden Beobachtungen und Erkenntnissen:
- Die Berechnung der Blutmenge, die das Herz an einem Tag in die Aorta ausstößt. Diese Menge ist zu groß, um in allen Blutgefäßen enthalten zu sein oder von den Organen verbraucht zu werden. Daher muss das Blut, das die Organe erreicht, zum Herzen zurückkehren. Es ist also dasselbe Blut, das das Herz innerhalb von 24 Stunden mehrmals in einer Kreisbewegung durchläuft.
- Ligaturexperimente (Abklemmen von Blutgefäßen) auf Armhöhe, um die Bewegungsrichtung des Blutes zu demonstrieren, nämlich vom Herzen zu den Organen in den Arterien und von den Organen zum Herzen in den Venen.
- Eine Beobachtung der Anordnung der Venenklappen, die den Rückfluss des Blutes zu den Organen verhindern
Die Veröffentlichung seines Buches De motu cordis im Jahr 1628, in dem er seine Entdeckung beschreibt, löste eine große Kontroverse zwischen Befürwortern und Gegnern des Kreislaufkonzeptes aus.
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Ideen für die Verwendung
Im Folgenden stellen wir einige Ideen für den Einsatz von Episode 1 im Unterricht mit Schülern vor. Im nächsten Abschnitt stellen wir einen ausführlicheren Vorschlag vor.
- Sammeln und Vergleichen der anfänglichen Vorstellungen der Lernenden, Identifikation des Bewässerungskonzeptes als Lernhürde
- Lesen des Comics (ganz oder teilweise), um den Unterricht auf ein Problem zu zentrieren: Was bedeutet "Kreislauf"?
- Vergleich der Modelle von Galen und Harvey: Wie unterscheiden sie sich und welche Konsequenzen haben sie für die Versorgung der Organe? Nach dem Modell von Galen muss das Blut ständig neu gebildet werden, da die Organe es verbrauchen. Nach Harveys Modell muss das Blut dagegen laufend mit Sauerstoff und Nährstoffen angereichert werden. Dies ermöglicht den Schülern, über die funktionelle Organisation des Blutkreislaufs nachzudenken
- Literaturrecherche: Beitrag der einzelnen Wissenschaftler zur Erforschung des Blutkreislaufs.
- Anfertigung eines Modells (Plastilin o.ä.) des Blutflusses nach Galen und nach Harvey, um die Unterschiede zu verstehen.
- Nachvollziehen von Harveys Berechnungen (ein wichtiges Element seiner Demonstration).
- Reflexion über die Natur der Naturwissenschaft (nature of science) und die Geschichte großer Entdeckungen: nicht-linearer Verlauf des Erkenntnisfortschritts, Phasen der Stagnation, Durchbrüche und Rückschläge.
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Ergänzendes Material
Zwei Auszüge aus Werken von William Harvey
Die vorgeschlagenen Auszüge greifen die Hauptargumente von William Harvey auf, um den Blutkreislauf zu demonstrieren.
- Auszug 1 zur Darstellung des Blutflusses nach Willam Harvey
„In Anbetracht der großen Blutmenge, die ich in den Vivisektionen und Arterienöffnungen vorfand (...), dachte ich (...) über die Fülle des in Bewegung gesetzten Blutes und über die Schnelligkeit dieser Bewegung nach und fragte mich, ob der Saft der aufgenommenen Nahrung ausreichen könnte, um das unaufhörlich erschöpfte Blut zu erneuern. Ich begriff, dass sich die Venen entleeren und erschöpfen würden und dass andererseits die Arterien durch diesen ständigen Zustrom von Blut zerrissen würden, wenn das Blut nicht auf irgendeine Weise von den Arterien in die Venen zurückkehren und in die rechte Herzkammer zurückkehren würde. Ich habe mich damals gefragt, ob das Blut eine kreisförmige Bewegung hat, was ich später erkannte; ich erkannte, dass das Blut, das das Herz verlässt, durch die Kontraktion der linken Herzkammer vom Herzen zu den Arterien und zu allen Teilen des Körpers geschleudert wird, ebenso wie durch die Kontraktion der rechten Herzkammer zur Lungenarterie und zur Lunge. Auf dem Weg durch die Venen kehrt es in die Hohlvene und den rechten Vorhof zurück, und auf dem Weg durch die Lungenvenen kehrt es in den linken Vorhof zurück. Wir können diese Bewegung des Blutes daher als Kreisbewegung bezeichnen...“.
Auszug aus William Harveys De Motus Cordis (1628).
- Fragment 2 über die Berechnung des Blutflusses durch das Herz
"Wie sowohl rational als auch experimentell bewiesen wurde, enthält die linke Herzkammer, wenn sie erweitert und mit Blut gefüllt ist, ein, zwei oder drei Unzen Blut: Ich selbst habe mehr als drei Unzen in einer Leiche gefunden. Wir können zugeben, dass das Herz bei der Kontraktion eine gewisse Menge Blut verliert: Tatsächlich enthält die Herzkammer bei der Kontraktion weniger Blut als vorher: So geht eine gewisse Menge Blut in die Aorta über. (...) Beim Menschen nehmen wir also an, dass bei jeder Kontraktion des Herzens eine Unze oder drei Drachmen Blut in die Aorta gelangen. Dieses Blut kann nicht zum Herzen zurückkehren, weil die Klappen ihm ein Hindernis entgegensetzen. In einer halben Stunde hat das Herz mehr als tausend Kontraktionen; bei manchen Menschen sind es zwei-, drei- oder sogar viertausend. Multipliziert man das mit Drachmen, so sieht man, dass in einer halben Stunde dreitausend Drachmen oder fünfhundert Unzen durch das Herz in die Arterien fließen; kurz gesagt, eine viel größere Menge, als im ganzen Körper zu finden ist. (...) Wenn man also die Blutmenge berechnet, die das Herz bei jeder Kontraktion ausstößt, und diese Kontraktionen zählt, sieht man, dass die gesamte Blutmasse von den Venen durch das Herz und auch durch die Lungen in die Arterien fließt. In der Tat, nehmen wir nicht eine halbe Stunde, nicht eine Stunde, sondern einen Tag: Es ist klar, dass das Herz durch seine Systole mehr Blut zu den Arterien überträgt, als die Nahrung geben könnte, mehr als die Venen enthalten könnten."
*Anmerkung: Eine Unze 28,35 g und eine Drachme 1,77 g.
Auszug aus William Harveys De Motus Cordis (1628).
- Auszug 3 über die Richtung des Blutflusses in Venen und Arterien
"Wenn wir eine beträchtlich große Arterie und die sie begleitende Vene aufschneiden, können wir deutlich sehen, dass der Teil der Vene, der dem Herzen nahe ist, überhaupt kein Blut abgibt, während aus dem anderen Teil Blut fließt, und zwar nur Blut (...). Im Gegensatz dazu fließt bei der Arterie nur wenig Blut aus dem peripheren Teil, während von der anderen Seite, wie aus einem Siphon, ein ungestümer Strom reinen Blutes hervorsprudelt. Dieses Experiment zeigt, woher das Blut kommt und wohin es geht, wenn es durch die Teile zirkuliert. Wir sehen auch, dass es schnell fließt, dass es von einer ungestümen Bewegung beseelt ist und dass es nicht langsam und tropfenweise fließt.“
Fragment aus zwei anatomischen Dissertationen über den Blutkreislauf, die William Harvey an Jean Riolan richtete (1649).
Schemazeichnungen zu den verschiedenen historischen Modellen
Die Werke von Galen und Harvey enthalten keine Abbildungen zum Weg des Blutes im Organismus. Die folgenden beiden Schemazeichnungen sind didaktisch aufbereitete Versionen der jeweiligen Modelle der beiden Wissenschaftler. Obwohl die Leber im Modell von Galen eine zentrale Rolle spielt, wurde sie in der Zeichnung weggelassen, damit sich die Schüler auf die Richtung des Blutflusses zwischen dem Herzen und den Organen konzentrieren können.
Ein Modell des Blutkreislaufs zum Selberbauen
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Vorschläge für den Unterrichtsverlauf
Wir schlagen eine Unterrichtssequenz für eine Sekundarschulklasse vor. Es basiert auf den verschiedenen Ressourcen, die in den anderen Abschnitten vorgestellt wurden. Diese Sequenz kann in zwei oder drei Sitzungen geplant werden.
Phase 1 - Die Vorstellungen der Schüler vom Blutfluss im Körper werden erfasst
Diese Phase sollte vor der eigentlichen Erarbeitung des Blutkreislaufs durchgeführt werden, damit die Lehrkraft Zeit hat, die Schülerarbeiten auszuwerten.
Vorgeschlagene Aufgabe für die Schüler: Wie kann das Blut die Organe versorgen? Welchen Weg nimmt das Blut im Organismus? Schreibe deine Antwort in Textform auf und ergänze den Text durch eine Zeichnung. Den Schülern kann zur Erleichterung der Arbeit eine Silhouette des menschlichen Körpers zur Verfügung gestellt werden.
Phase 2- Problematisieren des Blutflusses im Körper
Lesen von Kapitel 1 des Comics. Die Lesephase hilft dabei, mit den Schülern gemeinsam zu hinterfragen, was eigentlich ein „Kreislauf“ des Blutes bedeutet.
Es werden Gruppen von Schülern (3-4) gebildet, die untereinander ihre Texte und Zeichnungen aus Phase 1 vergleichen und diskutieren.
Phase 3 - Lesen der Kapitel 1 und 2 des Comics
Präsentation der Diagramme der beiden historischen Modelle (ohne Namen) und Vergleich mit den Modellen der Schüler.
Vorgeschlagene Schüleraufgabe: Erläutere die Unterschiede zwischen den beiden historischen Modellen und vergleiche sie mit deiner eigenen Darstellung des Blutflusses im Körper. Welche Konsequenzen haben die beiden Modelle jeweils für die Versorgung der Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen?
Phase 4 - Die Geschichte des Blutkreislaufs
Aufgabe für die Schüler: Welche Entdeckungen wurden zwischen dem Modell von Galen und dem von Harvey gemacht?
In Gruppen erkunden die Schüler den Beitrag jeweils eines Wissenschaftlers vor Harvey zur Erforschung des Blutkreislaufs (Ibn-al-Nafis, Colombo, Vesalius).
Vorgeschlagene Aufgabe für die Schüler: Findet für jeden Wissenschaftler, der im Comic erwähnt wird, heraus, welche Entdeckung er gemacht hat.
Anschließend wird gemeinsam ein Zeitstrahl erstellt, auf dem alle Entdeckungen abgebildet sind. Mit Hilfe dieser Chronologie lässt sich gut mit den Schülern darüber nachdenken, wie wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt allgemein verläuft.
Phase 5 - Überprüfung des Kreislaufmodells von Harvey
Lesen von Harvey Auszug 1
Problemstellung: Welche Argumente führt Harvey an, um sein Kreislaufmodell zu begründen?
Lesen von Harvey Auszug 2.
Vorgeschlagene Schüleraufgabe: Berechnen Sie die Blutmenge in kg, die das Herz in a) einer Stunde und b) an einem Tag in den Körper pumpt.
Vorlesen von Harvey Auszug 3.
Vorgeschlagene Schüleraufgabe: Bestimmen Sie die Fließrichtung des Blutes in den Venen und in den Arterien.
Phase 6 - Schlussfolgerungen zum Blutfluss im Organismus
Problemstellung: Wie sorgt der Blutkreislauf für eine ständige Versorgung der Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen?
Herstellung des Modells mit den Schülern.
Rückbezug zu Harveys Modell, bei dem die funktionalen Aspekte nicht sichtbar sind.
Credits
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Schauplatz
Lau Bergey
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Illustration
Barbara Govin
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IT-Entwicklung
Clément Partiot
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Design
Gauthier Mesnil-Blanc
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Übersetzung
Heinke Wagner
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Wissenschaftliche Bildungsforschung
Robin Bosdeveix, Patricia Crépin-Obert, Maud Pelé
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Herstellung
Stimuli Eds, Fondation SNCF
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Lizenz zur Nutzung
CC BY-NC-ND 4.0 DEED
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ISBN
978-2-9593956-0-4
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Datum der Veröffentlichung
November 2024